Wenn die Reben aus dem Winterschlaf erwachen: Der Frühling in den Schweizer Rebbergen

Der Frühling ist eine Zeit des Aufbruchs – nicht nur für die Reben, sondern auch für die Winzerinnen und Winzer, die jetzt den Grundstein für einen erfolgreichen Jahrgang legen.
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Wednesday 26 Mar 2025 Weinwissen

Das Erwachen der Reben: Von der Winterruhe zur Knospung

Neigen sich die kalten Monate dem Ende, beginnen die Reben ab März, aus ihrem Winterschlaf zu erwachen. Dieser Prozess startet im Inneren der Pflanze: Sobald die Temperaturen kontinuierlich über 10 Grad Celsius steigen, setzt die sogenannte «Tränenbildung» ein. Dabei steigt der Pflanzensaft aus den Wurzeln nach oben und tritt an den Schnittstellen des Rebstocks als klare Flüssigkeit aus. Dieses «Weinen der Reben» ist das erste Zeichen, dass das Wachstum wieder beginnt.

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Kurz darauf schwellen die Knospen an und brechen langsam auf. Dieser Entwicklungsschritt, die «Knospung» (auch Austrieb genannt), erfolgt typischerweise im April. Kleine, zarte Blätter entfalten sich und die ersten Triebe spriessen. Nun sind die Reben jedoch empfindlich: Spätfröste können die jungen Triebe schädigen und die Ernte gefährden. Deshalb sind manche Winzerinnen und Winzer in dieser Phase nachts im Einsatz, um mit Frostkerzen oder Beregnungsanlagen die Reben vor dem Erfrieren zu schützen.

Rebe Frost

Im Mai folgt das nächste Stadium: das schnelle Längenwachstum. Die jungen Triebe strecken sich in die Höhe, und erste Blütenansätze sind zu erkennen. Die Reben verbrauchen viel Energie, um sich voll zu entfalten – die Basis für eine erfolgreiche Blüte im Juni ist gelegt.

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Arbeit im Rebberg: Die Aufgaben der Winzerinnen und Winzer im Frühling

Der Frühling ist nicht nur für die Reben, sondern auch für die Winzerinnen und Winzer eine arbeitsintensive Zeit. Die Weichen für einen gesunden Wuchs und eine gute Traubenqualität werden jetzt gestellt. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören:

  • Rebschnitt abschliessen: Bereits im Winter haben viele Betriebe mit dem Rebschnitt begonnen. Bis spätestens März muss diese Arbeit abgeschlossen sein. Ziel ist es, alte, nicht fruchttragende Holzpartien zu entfernen und die Anzahl der Fruchtruten zu begrenzen. So wird die Kraft der Pflanze auf wenige Triebe gelenkt, was die Qualität der Trauben verbessert.

Rebschnitt

  • Biegen und Anbinden: Nach dem Schnitt werden die verbliebenen Ruten sanft gebogen und am Drahtrahmen befestigt. Dies fördert ein gleichmässiges Austreiben der Knospen und eine gute Belichtung der späteren Trauben.

  • Bodenpflege: Sobald der Boden nicht mehr gefroren ist, beginnt die Bodenbearbeitung. Eine lockere Erde verbessert die Belüftung und ermöglicht es dem Regenwasser, besser zu versickern. In vielen Schweizer Weinbergen wird zudem eine Begrünung zwischen den Rebzeilen gesät. Diese schützt vor Erosion, fördert die Artenvielfalt und lockt nützliche Insekten an.

  • Düngung: Damit die Reben genug Nährstoffe für ihr Wachstum haben, bringen die Winzerinnen und Winzer im Frühling organische Dünger oder Kompost aus. Dabei gilt es, das Gleichgewicht im Boden zu wahren: Zu viel Dünger fördert zwar das Wachstum, kann aber die Traubenqualität mindern.

  • Erste Laubarbeiten: Sobald die Triebe eine gewisse Länge erreicht haben, beginnen die ersten Laubarbeiten. Überflüssige, nach innen wachsende Triebe werden entfernt, um die Luftzirkulation zu verbessern und Pilzkrankheiten vorzubeugen.

Eine entscheidende Zeit für den Jahrgang

Die Wochen von März bis Mai sind für die Schweizer Winzerinnen und Winzer entscheidend. Jede Arbeit am Rebstock und im Boden trägt dazu bei, die Vitalität der Rebe zu stärken und das Risiko von Krankheiten zu minimieren.

Gleichzeitig bleibt die Natur unberechenbar – ein plötzlicher Kälteeinbruch oder zu viel Regen können die zarten Triebe bedrohen. Umso grösser ist die Freude, wenn im Mai die Weinberge in saftigem Grün erstrahlen und alles auf eine gute Blüte im Juni hindeutet. Dann nämlich wird das Fundament für einen neuen, charaktervollen Schweizer Jahrgang gelegt.

Schweiz. Natürlich.